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Waldness: Alle Wege führen in den Wald

Spazieren, wandern, laufen, Beeren, Schwammerln oder Kräuter sammeln, Yoga, Meditation, mit Bäumen sprechen, im Moos sitzen oder einfach nur mal richtig durchatmen – egal was, Hauptsache, es passiert im Wald. Denn: Wald ist Medizin für Körper und Seele, wie man auch im Pesenbachtal im oberösterreichischen Mühlviertel weiß.

Die bewaldeten Hänge, moosbewachsene Granitfelsen, Steintürme, mehrere Quellen, Tümpel und ein angenehm plätschernder Bach mit kleinen Wasserfällen und Schwertlilien und dazu das Zwitschern der Vögel – das ist nicht nur eine Kulisse wie aus einem Feenmärchen, all das bringt auch in der Sekunde Erholung fürs Gemüt. Die naturgegebene Kombination aus Wasser und Wald wird im Curhaus Bad Mühllacken gesundheitsfördernd genutzt – kombiniert mit speziellen Ernährungs- und Fastenprogrammen, Bewegung sowie professionellen Anwendungen aus der Traditionellen Europäischen Medizin (TEM), ob mit Kräuterwickeln, Wassertherapie (Kneippen), Massagen oder Kräutermedizin nach den Archetypen.

Die Kurtradition des Ortes geht bereits auf das 14. Jahrhundert zurück, als man dem Wasser der Brunnenquelle, das auch heute noch in der Karaffe auf den Tisch kommt, heilende Wirkung nachsagte. Das Haus der Marienschwestern (ein weiteres ist das Curhaus Bad Kreuzen, ebenfalls im Mühlviertel) steht direkt am Wald, mit dem es über einen Park verbunden ist.

Die Nähe zum Wald ist nur eine der zu erfüllenden Vorgaben, um in das „Waldness“-Programm aufgenommen zu werden. Daneben sind dies etwa Angebote für Waldpädagogik, Waldbaden, Anwendungen und Kulinarik mit Essenzen aus dem Wald. Das Naturschutzgebiet Pesenbachtal selbst ist ein beliebtes Wandergebiet mit verschiedenen Routen sowie Anziehungspunkt für Ausflügler aus der Region Linz bzw. aus Oberösterreich. Zwischendurch spricht nichts dagegen, die müden Füße im kalten Wasser einzutauchen und neuen Schwung mitzunehmen.

Eine Besonderheit des Hauses ist auch, dass neben den 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiten vier Klosterschwestern für das Wohlbefinden der Gäste sorgen. So sind sie sowohl im Kräutergarten beschäftigt, helfen bei den Kneippanwendungen, führen Gäste frühmorgens in den Wald zur Andacht oder leisten in Gesprächen Beistand. „Sie sind die guten Geister im Haus“, sagt Elisabeth Rabeder, Betriebsleiterin des Curhauses. „Die Besonderheit ist bei uns die Kombination aus gelebter Spiritualität und Kurtradition. TEM ist die Basis aller Gesundheitsangebote.“

Und was sonst noch speziell ist: „Viele Leute, die hierher kommen, schätzen die Stille, dass einfach nix los ist in dem Dorf.“

WASSER, WALD UND GESUNDE ERNÄHRUNG

Mit dem Ernährungsschwerpunkt wurde vor 20 Jahren begonnen – mit ersten Fastenkuren, Entgiftungsprogrammen, dem Thema Bauchgesundheit. „Wir haben uns in der Fasten- und Ernährungsszene einen Namen gemacht“, sagt die umtriebige und engagierte Chefin. Seit 2014 beschäftigt man sich auch intensiv mit Wald und Waldgesundheit. Für sie sind die Selbstheilungskräfte ein Zusammenspiel der fünf Säulen Ernährung, Bewegung, Wasser- und Wickelanwendungen, Heilkräuter und Lebensordnung. „Das ist eine spannende Thematik. Nicht nur für unsere Häuser, sondern für die ganze Menschheit.“

Den Wald bewusst zu erleben, dafür gibt es viele Formen. Dr. Martin Spinka war nicht nur kurärztlicher Leiter in den Häusern der Marienschwestern und Mitentwickler der TEM in den Betrieben, sondern auch Mitautor der Studie „Waldluftbaden“, der ersten medizinischen Waldstudie in Europa. „Wie profitieren Menschen, die sich z. B. erschöpft fühlen, von regelmäßigen Aufenthalten in den Wäldern, welche Auswirkungen haben diese auf das vegetative Nervensystem?“ erklärt er die Grundzüge der Studie. Die Aufgabe für die Studienteilnehmer war, sich mindestens vier Stunden pro Woche im Wald aufzuhalten, egal wie. Das Ergebnis: „Das Bremssystem – Erholung, guter Schlaf – verbessert sich, das Lebensfeuer und die Systeme, die vom vegetativen Nervensystem abhängig sind, werden stärker.“ Aus seiner Sicht ist es auch egal, „wie“ man sich im Wald aufhält, ob spazieren, meditieren, in der Hängematte liegen, mit pädagogischer Begleitung oder individuell – Hauptsache man tut es. Man könne die Menschen vorsichtig hinführen, aber man sollte das Thema nicht verkomplizieren. „Wir haben verlernt, uns zu spüren“, meint der Fachmann.

ANGEBOTE IM WALD UND AM FLUSS

Werner Buchberger, ebenfalls ehemaliger Förster und Buchautor, hat noch einen anderen Zugang zum Wald, den er auch Gästen in Bad Mühllacken näher bringt. Seit 15 Jahren beschäftigt er sich auch mit alternativen Heilmethoden. Ihm geht es um das Fühlen, um Wahrnehmungen. „Bäume haben heilende Energien“, sagt er. Das Waldbaden passiert bei ihm, bzw. bei den Personen und Gruppen, die er in den Wald führt, auf drei Ebenen: dem Spazieren (gut tun), der bewussten Kommunikation mit Bäumen (reinspüren) und auf spiritueller Ebene. „Der Wald ist ein System aus unglaublich vielen Lebewesen und Abertausenden Informationen“, erklärt er.

Professionelles Coaching in Verbindung mit Wald bietet hier auch Eva Maria Kobler an, seit zwei Jahren Business-, Gesundheits- und Waldcoach, die viel mit Unternehmen und Führungskräften arbeitet. „Schon als Kind war ich mit meiner Oma im Wald oder allein in Wald und Wiesen. Später hat mir der Wald geholfen, Ruhe, Klarheit und Wohlgefühle wieder zu finden.“ Bei ihren Waldgängen geht es darum, noch vor dem Wald bewusst innezuhalten, Thema und Fokus klar zu machen, und dann bei diversen Übungen – im Wald – eine Problemlösung zu finden, bevor man in die „Integrationsphase“ übergeht. Eine weitere Variante, den Wald bewusst zu erleben, ist Wyda. Auch beim „keltischen Yoga“ geht es darum, emotionale Stärkung zu finden, den Energiefluss zu harmonisieren, aber auch darum, Verdauung, Kreislauf etc. zu fördern. Im Pesenbachtal findet dabei jeder, geführt oder individuell, seinen persönlichen, idyllischen Kraft- oder Übungsplatz in der Natur.

WALD VON INNEN

Kräuter aus dem Wald und aus dem hauseigenen, von Schwester Johanna liebevoll angelegten und gepflegten Kräutergarten, sind wichtiger Bestandteil der Küche des Hauses. Martin Thaller ist seit 2003 Küchenchef bei den Marienschwestern und ausgebildet in TEM sowie Ernährungsberater und Diätkoch. Das beim Essen sparsam eingesetzte Salz wird durch die Verwendung der Geschmacksbomben aus der Natur mehr als ausgeglichen. „Die Kräuter kommen in der Früh aus dem Garten“, erzählt er, oft auch schon von der Schwester aufbereitet. „Sie bekommen von mir einen Zettel, was ich brauche“. Ob Brennesel, Girsch, Quendel, Dost oder „einfach“ nur Thymian, Basilikum und Petersilie. Mit Waldkräutern macht er auch Suppe oder Pesto, einen Aufstrich, oder ein Dessert. Z. B. eine Erdbeer-Mädesüß-Creme. „Mädesüß, etwas bitter im Geschmack, regt den Stoffwechsel an, und passt gut zu Erdbeeren mit Honig“, erklärt er. Der Wald ist eben nicht nur gesund, sondern schmeckt auch.

Der Mann aus dem Wald

Einer, der sich besonders gut mit dem Wald auskennt, ist Fritz Wolf. Der ehemalige Förster und „Waldness®-Meister“ aus dem oberösterreichischen Almtal hat bereits 1.200 Waldpädagogen ausgebildet. Er weiß alles: über die Forstwirtschaft, die Nutzung des Waldes in jeder Form, jede Pflanze, jedes Lebewesen, nützlich oder schädlich. Er erzählt bei einem Spaziergang vom Waldbestand in Österreich, warum die Fichten am meisten Geld bringen (wachsen schnell und überall), über den klimafitten Wald (Mischwald, aber auch natürliche Monowälder), von der Resilienz des Waldes und wie schnell sich auf natürliche Weise Vielfalt im Wald einstellt. „Es wächst alles von allein, aber man muss Geduld haben“, sagt er. Er spricht von der Verwendung von Fichtenwipfeln (etwa als Saft mit Spitzwegerich), wie junger Girsch, Waldgeißbart, Rapunzel, Zinnkraut oder Habichtkraut schmecken und eingesetzt werden. Und er sagt, was er am besten findet: „Im Wald am Boden liegen, ist am schönsten. Vor allem, wenn der Wald tanzt. Bei leichtem Wind fangen die Wipfel an zu kreisen und die Wolken fliegen.“

KOMPAKT

Die Curhäuser Bad Mühllacken und Bad Kreuzen/Zentrum für TEM im Mühlviertel: www.tem-zentrum.at

Waldness®: Das Almtal im oberösterreichischen Salzkammergut, benannt nach dem 48 km langen Almfluss, ist die Wiege von Waldness®. Hier wurde das Natur- und Gesundheitsprodukt entwickelt. Neben dem Hochberghaus in Grünau im Almtal biete‚n noch mehrere Hotels und Pensionen Produkte nach dieser Philosophie. www.waldness.info

Der Text ist im Print erschienen in reisetipps Nr. 24. www.reisetipps.cc

Pdf: Reisetipps 0120 BadMühllacken CR