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Ostsee-Kreuzfahrt: Weiße Nächte und knallhartes Fitness-Programm

Ein neues Schiff, die Ostsee mit den Städten Tallinn, Sankt Petersburg und Helsinki, lange, fast weiße Nächte sowie ein umfangreiches kulinarisches und sportliches Angebot. Verheißungsvolle Zutaten für eine Kreuzfahrt mit der Mein Schiff 1.

Erschienen in reisetipps, 2018

Tag 1 Raus aus Kiel / Große Erwartungen

Direkt in Kiel steht es in seiner ganzen Pracht vor mir: das neue Schiff bzw. die neue „Mein Schiff 1“, quasi die verbesserte, längere, höhere, modernere Version von Numero Uno der TUI Cruises-Flotte. Erst im Mai 2018 wurde sie in Hamburg getauft, 2.900 Gäste finden hier locker Platz. Der Check-in geht schnell vonstatten, alle Passagiere beziehen ihre gebuchten Kabinen und Suiten. Nach einem ersten Getränk an einer der über zehn Bars – die Wellness-Bar, die abends zur Überschau Bar wird, auf Deck Horizont bietet sich bei blitzblauem Himmel besonders gut an – folgt auch schon die Seenotrettungsübung. Alles geht gut, so wie immer.

Bei strahlendem Sonnenschein und mit Begleitmusik („Große Freiheit“) genießen viele Passagiere an den oberen Decks die Ausfahrt der Mein Schiff 1. Flott fährt sie raus aus dem Hafen, entlang der norddeutschen Küste noch weiter in die Ostsee, vorbei an Buchten und Landzungen, an Leuchttürmen und eleganten Häusern, an vielen Segelbooten… Ich freu mich schon auf den Sonnenuntergang. Bzw. frage ich mich: Wie wird er sein? Es ist Anfang Juni, wir nähern uns Mittsommer und die Weißen Nächte werden sich hier in Nordeuropa wohl schon bemerkbar machen. Wird es in der Nacht wirklich taghell sein?

Tag 2.1 Rosa Nächte

Die Nacht war lang. Bei relativ lauschigen Temperaturen (inklusive warmer Decke) und ein paar Drinks ließ es sich nach dem Dinner mit Köstlichkeiten im Restaurant Fischmarkt in der „Hoheluft Bar“ auf „Deck Brise“ (der höchstgelegenen Bar an Bord), recht gut aushalten. Und wer mag schon ins Bett gehen, wenn die Dämmerung nie endet? Bis weit nach Mitternacht ließ sich die Sonne am Horizont sehen und verlieh dem Himmel und dem Meer einen Touch Rosa. Richtig dunkel wurde es erst in der „Abtanz Bar“… Irgendwann musste ich dann aber doch in die Kabine, es gibt schließlich viel zu tun heute an Bord – es ist Seetag -, da will man fit sein! Halbwegs.

Tag 2.2. Seetag, erster Sportversuch

Das Schiff wird nicht ohne Grund als „Sport- und Wellness- Schiff“ beschrieben. Ein Highlight ist die 438 Meter lange Joggingstrecke auf Deck 14, die jeweils in der Früh und am Abend für zwei Stunden den Bewegungshungrigen zur Verfügung steht. Eine Steigung von 6,7 Prozent kann sie auch vorweisen, und sie führt sogar über eine Glasbrücke – wie über offenes Meer. 96 Runden und schon ist die Marathon-Strecke abgespult. Der Indoor-Fitnessbereich ist fast 500m² groß und mit allerlei hochmodernen Sportgeräten ausgestattet. Kurse, private Trainings und ein steter Blick auf Pool und Meer sorgen für zusätzliche Motivation.

Während ich mich locker am Crosstrainer „austobe“, beobachte ich meine Kollegin, wie sie am „Icaros“ ächzt und zittert. Das „Virtual Reality Core-Training“ für die Rumpfmuskulatur sollte doch eigentlich Spaß machen, hab ich gehört! Ob ich es auch testen sollte? Oder doch das EMS-Training (Elektro- Muskel-Stimulation) oder Flyletics? Auch Basketball in der Sporthalle, Klettern oder Yoga wären eine Option. Schwimmen im 25 Meter-Pool. Oder zumindest Whirlpool. Es ist ja noch Zeit und es soll nicht in Stress ausarten.

Tag 2.3. Wenn der Bäcker bäckt

Relativ rasch wird man auf den Mein Schiff-Schiffen feststellen: Nahezu alle Passagiere reißen sich um das „Artisanbrot“. Bei einem kurzen Workshop erfahre ich, wie das begehrte Brot gebacken wird. Florian Tereorde heißt der Bäckermeister aus Münster, der zeigt wie’s geht und jeder, der will, darf mal kneten. Die Zutaten sind eigentlich simpel: Weizenmehl und Weizen- Vollkornmehl, Salz, Trockenhefe und Wasser. Das Geheimnis ist aber die lange Gehzeit des Teiges, die das Brot so fluffig, knusprig und schmackhaft macht. „Wir backen 200 Stück am Tag. Am Passagier-Wechseltag um 400 mehr – die Leute wollen sich das Brot mit nach Hause nehmen“, erzählt der Bäcker. Und das im Mein Schiff-Stoffsackerl, als doppelte Erinnerung an die Reise.

Tag 3.1 Mitten im Baltikum

Wir erreichen den ersten Hafen: Tallinn. Während sich einige Passagiere Ausflügen anschließen, geh ich zu Fuß Richtung Zentrum. Die estnische Hauptstadt ist richtig herausgeputzt; kleine Gassen, große Plätze, schöne Stadt- und Hansehäuser mit roten Dächern, das Rathaus, die Alexander-Newski-Kathedrale, die St.-Nikolai Kirche, die Wehrmauer mit den Türmen usw. bilden ein einheitliches architektonisches Ensemble, wie man von der Oberstadt genauso wie herunten in der Altstadt erkennen kann.

Es ist Sonntag und es ist sehr viel los – klar, wir sind nicht alleine, mehrere Kreuzfahrtschiffe stehen mittlerweile im Hafen. Zufällig treffe ich nach einem längeren Spaziergang und dem Kauf von zwei kleinen Bildern eines Straßenkünstlers wieder ein paar Leute meiner Gruppe – so groß ist Tallinn auch wieder nicht – und wir genehmigen uns einen Snack und ein Getränk in einem typischen Wirtshaus in der Stadt. Und übrigens: Über 20.000 Schritte zeigt meine App an.

Tag 3.2. 2:1 lautet das Ergebnis

Sport wird ja groß geschrieben auf dem Schiff. Wie es der Zufall will, spielt an dem Tag die deutsche Fußballmannschaft in Klagenfurt gegen Österreich. Klarerweise wird das Spiel auf der großen Leinwand am Pooldeck übertragen. Und auch in der Bar „Ebbe & Flut“, wo sich das Fußballschauen ideal mit einer Verkostung der Kraftbiersorten sowie „Fish&Chips“ verbinden lässt. Mitten unter sehr vielen deutschen Fans erlebe ich den „legendären“, „geschichtsträchtigen“, „heldenhaften“ Sieg der Nationalelf. Ganz alleine beim Jubeln bin ich nicht, auch der Barkeeper freut sich mit. I wear narrisch!

Tag 4.1 Die schönste Stadt!?

Sankt Petersburg. Die schönste aller Städte, die sie jemals gesehen hat, sagt meine Mama. Und einst Hauptstadt Russlands. Im Hafen habe ich bereits einen Blick auf das neue Fußballstadion (Krestowski-Stadion) geworfen, rechtzeitig zur Fußball EM nach zwölf Jahren Bauzeit fertiggestellt, und das neue Wahrzeichen, den 462 Meter hohen, unübersehbaren Turm des Lachta-Centers, neue Zentrale des Gaskonzerns Gazprom. Da ich per gebuchtem Ausflug die Stadt erkunde, ist kein Visum nötig, die Kontrolle bei der Einreise (auch bei der Ausreise, in dem Fall nämlich zurück aufs Schiff) ist trotzdem streng.

Die Tour führt zum Katharinenpalast nach Puschkin, 25km südlich von St. Petersburg gelegen, wahrlich ein Highlight. Viele Gruppen warten bereits auf Einlass, eine kleine Blasmusikkapelle verkürzt die Wartezeit. Guide Elena weiß, wie wir ein wenig rascher in die ehemalige russische Zarenresidenz gelangen. Die Räume und Säle in verschiedenen Größen sind geschmückt mit prunkvollen Tapeten, Lustern, Deckenfresken und goldfarbenem Stuck, ausgestattet mit eleganten Möbeln, Bildern, prächtigen Kaminen und feinem Porzellan. Und ein Zimmer lockt besonders viele Schaulustige an: das sagenumwobene, rekonstruierte Bernsteinzimmer.

Nächster Stop (30 km westlich von Sankt Petersburg), nicht weniger prunkvoll, die Gärten des Peterhofs, auch russisches Versailles genannt. Ist schon das Schloss recht ansehnlich, so sind die barocken Gärten der Sommerresidenz der Zaren richtig verzaubernd: goldene Statuen und Vasen, Wasserfontänen, Wasserkaskaden, ein Wasserkanal, der bis zum Meer reicht, kleine Pavillons, Brunnen, Becken, Blumen, Bäume,…

Es bleibt auch noch Zeit für eine kurze Tour in der Stadt: Wir verlassen den Bus und nehmen die U-Bahn. Nicht nur, dass die Metro für die Bewohner ein wichtiges Verkehrsmittel in der riesigen Metropole ist, sondern sie hat auch einige sehr schöne Stationen zu bieten, mit teilweise 100 Meter tief gelegenen und mit mächtigen Säulen, Marmor, Gold und Messingverzierungen, riesigen Leuchtern, Denkmälern und Statuen. Ja, da muss ich Mama einmal zustimmen: eine sehr schöne Stadt.

Tag 4.2. White Russian (Night)

Nach der eindrucksvollen Sightseeingtour untertags unternehmen wir noch einen abendlichen Spaziergang durch die Stadt (inklusive Russland-Ein- und –Ausreise). Das Wetter ist mittlerweile um einiges kühler geworden (und in Österreich herrscht gerade Hitzewelle), aber ich lass es mir nicht nehmen, nochmals die beginnenden Weißen Nächte von Sankt Petersburg zu erleben. Die großen Plätze, Straßen, Kirchen und Paläste, etwa die berühmte Eremitage, die Blutkirche, die Isaakskathedrale und die Prunkbauten an der Newa, sind in ein besonderes Licht getaucht. Viele Leute sind unterwegs, lauschen den verschiedenen Bands, es herrscht schon jetzt gute Stimmung – ein Vorgeschmack auf die richtigen Weißen Nächte.

Tag 5 Einmal noch S.P.

Es ist richtig kalt geworden. Die Passagiere sind vom Sonnendeck und aus den Außenbars verschwunden. Nicht nur ich habe die geniale Idee, mich im Spa aufzuwärmen. Anwendungen und Massagen gäbe es viele, man müsste sie nur rechtzeitig buchen. Aber egal – es gibt genügend kuschelige Plätze indoor, Einkaufspassagen, Workshops, Theater und Shows und natürlich Essen, Essen, Essen – zwölf Restaurants und Bistros stehen zur Auswahl – und der Fitnessbereich.

Und außerdem wartet noch die Stadt auf mich. Einmal noch möchte ich – trotz Regenwetter – mittels „Selfguided Tour“ die Straßen von Sankt Petersburg erkunden, in Geschäften stöbern und gemütlich in ein Café einkehren. Und das tu’ ich auch. Abends zieh ich mir die neue Show am Schiff rein: „In 80 Tagen um die Welt – Reloaded“. Mit Tanz, Gesang, Akrobatik und Projektionen entführen mich die Künstler gemütlich im Theater einmal um den Globus.

Tag 6 Helsinki and Goodbye

Ist es wirklich schon vorbei? Helsinki steht heute noch am Plan und es heißt, die Zeit gut zu nützen. Schon früh geht es an Land und mit dem Bus in die finnische Hauptstadt hinein. Die Flaniermeile Esplanade mit Cafés, Restaurants und Design-Geschäften, der Senatsplatz, eingerahmt von Dom, Universität und Regierungsgebäude, das Kaufhaus Stockmann oder die Felsenkirche locken viele Besucher an. Mit meinen Reisegefährten schlendere ich über das Marktgelände direkt am Wasser, wo Souvenirs, Designstücke, Obst und Gemüse, gebratener Lachs und sonstige Köstlichkeiten zum Kauf angeboten werden.

Sehr schmuck ist die Alte Markthalle, wo an den Ständen allerlei finnische Delikatessen, Handarbeit und Design angeboten werden. Die Lokale sind sehr gemütlich, mit Kaffee und finnischer Mehlspeise Kovapuusti lassen wir uns gerne verwöhnen. Ja, und dann heißt es Abschied nehmen von Meinem Schiff 1. Für die meisten Passagiere geht es noch weiter bis Stockholm (plus 1 Seetag), doch für mich zurück nach Wien. Dabei hatte ich gar keine Zeit, all die modernen Fitnesseinrichtungen zu erproben. Es gibt noch viel zu tun. Beim nächsten Mal.

INFORMATIONEN

MEIN SCHIFF 1
Indienststellung: 2018
Länge: 315,7m, Breite: 35,8m
Kapazität: 2.894 Passagiere
12 Restaurants & Bistros
15 Bars & Lounges
Ca. 20.500 m² Außendeck
Ca. 2.400 m² Spa- und Fitnessbereiche

Preisbeispiel: Mein Schiff 1: Ostsee mit St. Petersburg & Danzig, 10. Tage, 27. Mai bis 6. Juni 2019, ab / bis Kiel, Innenkabine 2er-Belegung, ab 1.895 EUR p.P., Außenkabine ab 2.245 EUR, Premium Alles Inklusive

Mehr Infos: www.tuicrusies.com

Die Reise erfolgte auf Einladung von TUI Cruises. Immer sportlich ambitioniert kreuzten ständig andere Dinge ihre Pläne. Es gibt nun mal so viel zu erleben auf einer Seefahrt!

Hier noch eine weitere Geschichte zum Thema “Arbeiten auf hoher See”: https://www.textkitchen.at/frauen-an-bord-wann-wenn-nicht-jetzt/

Pdf: Reisetipps 21 18 Tuicruises Ostsee